Ökumenischer Austausch über Kirche als sichererer Ort

Rund 25 junge Erwachsene aus 13 verschiedenen Ländern haben sich im Sommer 2024
für eine Woche getroffen, um sich über ein zentrales Thema auszutauschen – ihren christlichen
Glauben.
Anfang Juni 2024 fand die Veranstaltung „The shelter we seek – a critical reflection on church as
safer space“ im ökumenischen Zentrum Los Rubios in Málaga, Spanien, statt. Die
Teilnehmer:innen kamen unter anderem aus Deutschland, Österreich, Spanien, Serbien,
Tschechien, Norwegen und Finnland und gehören verschiedenen Konfessionen an, darunter
protestantische und orthodoxe Konfessionen, sowie ein Mitglied der tschechoslowakischen
hussitischen Kirche als auch ich als neuapostolische Christin.
Zusammengekommen sind wir aus mehreren Gründen: Zum einen, um einen Blick über unseren
Tellerrand hinauszuwagen und andere Konfessionen kennen und verstehen zu lernen. Zum
anderen, um Kirche als „Safer Space“ zu reflektieren und existierende sowie potenzielle Faktoren
für Diskriminierung und Machtmissbrauch (sowohl institutionell als auch individuell) zu erkennen
und mögliche Gegenmaßnahmen zu finden und zu diskutieren.


Macht, Privileg, Diskriminierung – wo stehe ich?

Auf der Tagesordnung stand ein vielfältiges Programm. Angefangen haben wir mit einem
gegenseitigen Kennenlernen und festlegen von Vereinbarungen, um die gemeinsame Zeit in einem
geschützten, friedlichen und konstruktiven Miteinander verbringen können – so haben wir für uns
selbst einen eigenen ersten sicheren Raum geschaffen. Anschließend ging es schon in die erste
inhaltliche Runde: In einem Mix aus Einzel- und Gruppenarbeit haben wir den ersten Tag damit
verbracht, unsere eigene Position in der Gesellschaft, aber auch in unseren Kirchen und
christlichen Organisationen anhand der Begriffe Macht, Privileg und Diskriminierung zu
reflektieren.


„Faith Spaces must be Safe Spaces“
Qinton Ceasar, südafrikanischer Theologe, Aktivist und Pastor, war bei uns zu Gast und hat uns
spannende Einblicke in seine theologische als auch aktivistische Arbeit gegeben. Wir diskutierten
verschiedene Aspekte von Safe Spaces und stellten fest, dass es sich hierbei um Räume handelt,
die stetiger Veränderung ausgesetzt sind. Safer Spaces sind Räume, die Sicherheit bieten und
allen Beteiligten ermöglichen sollen, sich authentisch und ehrlich so zu zeigen, wie sie sind.
Erkannt haben wir aber auch, dass die Gruppe immer heterogener wird, je mehr Mitglieder
integriert werden – und entsprechend vielfältiger werden auch die Bedürfnisse – Konfliktpotenzial
nimmt zu. Unser Fazit: Ein sicherer Raum kann nur dann entstehen, wenn die Beteiligten gewillt
sind, sich und ihre Vorstellung der Anderen und des Raumes zu verändern und gemeinsam etwas
Neues entstehen zu lassen. Das eigene Vermögen und der Wille zur Veränderung sind somit
wesentlicher Grundbaustein eines Safer Space.


„Safer Spaces for me – Challenges of the past“
Zu Gast war außerdem Marco Vekovic, Associate Professor of Religion and Politics an der
Universität Belgrad. Er zeigte eine politikwissenschaftliche Perspektive auf den Begriff Safer
Spaces auf und stellte diese unter das Thema „Safer Spaces for me – Challenges of the past“.
Anschließen haben wir das Zusammenspiel von Politik und Kirche am Beispiel der serbisch
orthodoxen Kirche diskutiert, wobei der Aspekt „Safer Space“ immer wieder im Fokus stand.


Safer Space in meiner Kirche
Nicht zuletzt haben wir einen intensiven Blick auf unsere jeweiligen persönlichen kirchlichen
Kontexte geworfen und versucht, Safer Spaces und noch nicht ausgeschöpftes Potenzial für
diese zu identifizieren. Im gemeinsamen Austausch wurde klar, dass jede Konfession und auch
Kirchengemeinde ihre eigenen Baustellen hat, die Bedarf an der Gestaltung von sicheren Räumen
haben. Deutlich wurde aber auch, dass diese eher kritischen Themen innerhalb der verschiedenen
Konfessionen recht ähnlich sind. Der Austausch über Schwierigkeiten und Stolpersteine in der
eigenen Gemeinde half nicht nur Lösungen zu finden, die wir mit nach Hause und in unsere
Gemeinden tragen können, sondern auch die Bereicherung zu erkennen, die ökumenische Arbeit
für unsere Kirchen darstellt.


Ökumene – ein Safer Space
Nach einer Woche mit intensiven inhaltlichen Diskussionen und persönlicher Auseinandersetzung
mit der eigenen Kirche haben wir etwas müde, aber mit vielen neuen und spannenden Gedanken
und Ideen im Kopf den Heimweg angetreten. Doch nicht nur das – wir haben auch viele lustige,
spaßige, theologisch geprägte und manchmal ernste Momente miteinander verbracht und rund
25 engagierte und offene Christ:innen kennen und schätzen gelernt, die gemeinsam einen Safer
Space geschaffen haben. Auch wenn wir in vielen Aspekten verschieden sind und unterschiedlich
denken: Gemeinsam setzen wir uns für Zusammenarbeit zwischen christlichen Konfessionen ein
und verfolgen dasselbe Ziel: Unsere Kirchen zu einem Ort zu machen, der allen Sicherheit und
Zuflucht bietet.


Der Ecumenical Youth Council
Organisiert wurde das Event vom Ecumenical Youth Council in Europe (EYCE). EYCE ist ein
Netzwerk junger Christ*innen aus ganz Europa, das sich für Gerechtigkeit, Frieden und die
Bewahrung der Schöpfung einsetzt. Die Organisation arbeitet auf ökumenischer Basis und fördert
die Zusammenarbeit zwischen Kirchen und christlichen Jugendbewegungen, um trotz
unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, soziale
Ausgrenzung und Proselytismus vorzugehen.

Bericht: Marlin Günther, NAK